Google-Bewertungen: Griff nach den Sternen

Google Maps macht die Qualität eines Unternehmens (scheinbar) messbar. Trotz Skepsis gegenüber diesen Zahlen überwiegt bei den Bewerteten die Freude über positive Rückmeldungen.

Die Google-Bewertungen ihrer Unternehmen machen ihnen Freude. Von links: Conni Scherer, Wirtin Restaurant Sagali, Rohrmatt, Willisau; Severin Meier, Geschäftsführer Meyer Partyservice, Altishofen; Dominik Henseler, Gebietsbetreuer Naturlehrgebiet Buchwald, Ettiswil. Fotos zvg/Ramon Juchli
Ramon Juchli

«Sehr schön angerichteter gemischter Salat und sehr nette Bedienung. TOP! Könnte sich manch ein Wirt eine Scheibe abschneiden». Über solche Rückmeldungen freut sich Conni Scherer, Wirtin des Restaurants Sagali, Rohrmatt. «So macht arbeiten Spass, wenn sich die Gäste wohlfühlen und zufrieden sind», schreibt Scherer zurück. «Aus Wertschätzung und Anstand», antworte sie auf alle hinterlassenen Bewertungen.

Zu lesen ist diese gemeinsam mit über 70 weiteren auf Google Maps. Wer in der Suchmaschine des Internet-Riesen «Restaurant Sagali» eintippt, stösst schnell darauf. Rechts neben den Suchresultaten finden sich die Informationen zum Gasthaus: Lage, Öffnungszeiten und eine Punktzahl zwischen 1 und 5. Alle Personen mit einem Google-Konto können Orte bewerten und ihren Kommentar dazu hinterlassen.

Mit 4.8 Sternen ist das Restaurant Sagali ausserordentlich gut bewertet. Eine schöne Bestätigung für die Wirtin – mit einem Aber: «Am wichtigsten bleibt für mich die Mund-zu-Mund-Propaganda.» Auf Bewertungen im Internet verlassen sich ihrer Erfahrung nach vor allem Auswärtige, die das Restaurant eher einmalig besuchen. «Wer auf einem Ausflug nach Willisau ein Restaurant sucht, stösst auf das Sagali.» Die positive Bewertung sei dann durchaus von Vorteil. «Doch ich lebe von den Kundinnen und Kunden, die immer wieder kommen.» Dies seien vor allem «Hiesige», die das Res-taurant auch unter der Woche besuchen.
 

Schwierig einzuordnen

Auf verschiedensten Kanälen macht Dominik Henseler, Gebietsbetreuer des Naturlehrgebiets Buchwald in Ettiswil, auf den Ort und seine Veranstaltungen aufmerksam: in Aushängen, Gemeindeblättern, Newslettern, auf der Website und Social Media. Auch auf Google vermag das Ausflugsziel zu überzeugen: 4.8 Sterne bei 130 Rezensionen, zudem diverse höflich formulierte «Antworten vom Inhaber», wie es bei Google heisst. Was bringt das? «Den Nutzen der Google-Bewertungen für den Betrieb ist schwierig einzuordnen», sagt Henseler. Das gelte aber auch für andere Möglichkeiten der Öffentlichkeitsarbeit. Google hebe sich ab, weil die Bewertungen «an die ganze Welt» gerichtet seien, während etwa Newsletter spezifisch adressiert werden. Zudem liegt dieser Kanal nicht in der Kontrolle eines betroffenen Unternehmens: Die Verantwortlichen haben beispielsweise keine Handhabe, unangebrachte Rezensionen zu entfernen. Henseler stellt allgemein fest: «Die wenigsten Besucherinnen und Besucher hinterlassen eine Bewertung.» Ob und wie oft diese den Ausschlag für einen Besuch geben, wertet Henseler nicht aus.

Bei Anfragen an den Meyer Partyservice, Altishofen, können Kundinnen und Kunden seit einiger Zeit angeben, wie sie auf die Firma aufmerksam geworden sind. Auch «Suchmaschine» ist dabei eine Option. Wie oft diese genannt wird, kann Geschäftsinhaber Severin Meier jedoch nicht beziffern. Obschon die Bewertung seiner Dienste geradezu perfekt ausfällt: 5.0 bei 69 Rezensionen. Das muss doch ins Gewicht fallen – oder? «Ich habe diese tolle Bewertung lange gar nicht bemerkt, bis mich jemand darauf aufmerksam gemacht hat», erinnert sich Meier. Auch er betont die Wichtigkeit des persönlichen Kontakts. «Mich freut es am meisten, wenn ich Kundinnen und Kunden am Tisch habe, die uns schon von einem vergangenen Anlass kennen und überzeugt waren.» So führe ein Auftrag zum nächsten. Dennoch: «Digitale Medien werden immer wichtiger, entsprechend freue ich mich, wenn unser Unternehmen dort positiv in Erscheinung tritt.» Ganz nach dem Motto: «Nützt’s nüd, schad’s nüd» – gilt das auch bei kritischen Rückmeldungen?
 

Der Blick von aussen

Von konstruktiver Kritik über Google könne man durchaus profitieren, findet Dominik Henseler. «Die Bewertungen widerspiegeln einen Blick von aussen, der intern manchmal fehlt», so der Gebietsbetreuer. Dies sehe man auch an den Eindrücken, welche die Besuchenden im Internet teilen: Neben Text können Nutzerinnen und Nutzer auch Fotos zu ihrer Bewertung hinzufügen. Diese zeigten ein ungeschöntes Bild der Orte. «Man sieht, was den Leuten am Gebiet auffällt. Das finde ich gut», sagt Henseler. Durch diese Eindrücke hätten sich auch schon «Unterhaltsprioritäten» kurzzeitig verschoben. Heisst: Wo den Besuchenden etwas auffällt, bessern die Mitarbeitenden nach.

Auch Conni Scherer sagt: «Ich nehme die Bewertungen sehr ernst und Kritik mir zu herzen.» Am liebsten nehme die Wirtin Rückmeldungen jedoch persönlich entgegen. «Dann kann man gleich reagieren oder sich entschuldigen, vielleicht auch mit einem offerierten Kaffee.» So gehe sie am liebsten mit negativen Erfahrungen ihrer Gäste um. Beide Seiten könnten von diesem Umgang am meisten profitieren. «Seinem Ärger im Nachhinein öffentlich Luft zu machen, bringt nicht viel», so Scherer. Diese Momentaufnahmen erschienen im Internet dann gar allgemeingültig.
 

Die Bilanz aufbessern?

Gerade bei kleinen Orten in der Region mit weniger als 100 Rezensionen fallen einzelne Bewertungen stark ins Gewicht. Darum versuchten manche aktiv, ihre Bewertungen positiv zu halten. Etwa indem im Freundeskreis dazu aufgefordert wird, positive Rezensionen zu hinterlassen. Davon hält Conni Scherer nicht viel. «Ich würde das nie machen.» So verfälsche man den öffentlichen Eindruck bloss.

Für Severin Meier gehört es zur Nachbereitung eines Anlasses, die Rückmeldung der Auftraggeberinnen und -geber einzuholen. «Dabei weise ich gerne darauf hin, dass die Erfahrungen mit uns auch digital geteilt werden können.» So gewinne man mit wenig Aufwand an Profil dazu. Die Website des Unternehmens überzeuge dank Übersichtlichkeit und Informationsgehalt. An den eigenen Auftritten auf Social Media wolle man gemäss Severin Meier noch arbeiten. «Oftmals richten wir etwa an einer Hochzeit einen tollen Teller Hauptspeise an, servieren ihn und merken dann: Ach, das hätten wir noch auf einem Foto für Social Media festhalten können!» Die Betreuung der eigenen digitalen Kanäle bedeuteten eben auch Aufwand, den das Unternehmen künftig gerne noch gezielter betreiben würde.

Dominik Henseler trifft keine besonderen Massnahmen, um möglichst viele positive Bewertungen zu erhalten. Er beschränke sich wie Scherer darauf, auf die Rezensionen möglichst konkret zu antworten. Bei jeder neuen Bewertung wird er per E-Mail benachrichtigt. Die Beantwortung versuche er wertschätzend und möglichst konkret zu formulieren. Das ganze beanspruche jeweils bloss wenige Minuten.

Doch auch Henseler wolle natürlich die Bewertungen etwas steuern: «Indem ich mir schlicht bei der Arbeit Mühe gebe.» Ein Erfolgsrezept, hinter dem auch die anderen Befragten stehen können.

Severin Meier bilanziert: «Die Mund-zu-Mund-Werbung ist letztlich am schönsten, da am ehrlichsten.» Und Conni Scherer sagt: «Im Internet können alle schreiben, was sie wollen. Am besten macht man sich immer noch selbst ein Bild.

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